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Der geheime Code der Liebe Mein neuer Freund ist aus Pflichtgefühl wieder zu seiner Familie zurück gegangen

Liebe Frau Dr. Peirano,
ich bin seit knapp einem Jahr mit einem Mann zusammen, der meine große Liebe ist. Er hat sich ein halbes Jahr vor unserer Beziehung von seiner Frau getrennt und hat zwei Kinder mit ihr (6 und 8). Die Frau wollte die Trennung nicht akzeptieren und hat ihm sehr viel Stress gemacht. Sie hat ihm angedroht, dass er die Kinder nicht mehr sehen kann und dass sie ihm jeden Cent abnimmt (er verdient sehr gut). Weil die Ex-Frau so viel Theater gemacht hat, haben wir unsere Beziehung erst einmal im Verborgenen geführt. Wir sind sehr, sehr glücklich miteinander (zumindest bis vor kurzem gewesen). Wir haben sehr ähnliche Interessen. Wir waren viel im Theater und Kino, haben zusammen fotografiert, waren oft tanzen und haben uns ganz offen unterhalten. Es war sehr entspannt, und er hat auch oft gesagt, wie anders es mit mir ist als mit seiner Frau. Trotzdem schwebte die Frau immer noch wie ein Schreckgespenst über uns. Ich habe im ersten Jahr auch oft deswegen geweint, denn ich habe gemerkt, dass mein Freund nicht ganz eindeutig mit seiner Entscheidung war, sich von seiner Frau zu trennen und vor allem nicht mehr mit den Kindern zusammen zu leben.
Und jetzt kommt es: Ich war über Ostern 10 Tage bei meinen Eltern, und in dieser Zeit wurde er plötzlich "komisch". Er war am Telefon verwirrt, redete distanziert und sprach häufiger davon, dass er es seinen Kindern schulde, die Ehe zu retten. Er ist dann wieder bei seiner Frau eingezogen und hat in der Zeit auch wieder mit ihr geschlafen. Ich war völlig verzweifelt.
Ich habe mich erst einmal völlig zurück gezogen, weil ich so verletzt war. In den letzten Wochen hat er mir ein paar Mal gemailt, wie schrecklich es mit seiner Frau läuft und dass die beiden sich viel streiten. Ich habe mir das angehört. In letzter Zeit haben wir uns wieder heimlich getroffen und es war die gleiche Anziehung da wie am Anfang. Wir konnten die schwierige Situation sogar ausblenden und hatten entspannte Momente zusammen, in denen wir uns einfach nur im Arm gehalten haben.
Aber ich habe einfach Angst, dass er sich nie von seiner Frau trennen wird. Ich will ihm keinen Druck machen, das macht sie schon genug, und dann geht er völlig kaputt.
Was raten Sie mir?
Verzweifelte Grüße,
Jenny

Liebe Jenny,
da sind Sie wirklich in einer sehr schwierigen Lage!
Sie haben sich in einen Mann verliebt, der nicht frei ist. Er schien frei zu sein, als Sie sich kennen gelernt haben, aber im Verborgenen hatte er noch eine Verbindung zu seiner Frau. Weil die Verbindung zu seiner Frau negativ war (viel Streit, Drohungen ihrerseits etc.), haben Sie sich Hoffnungen gemacht, dass er darüber hinweg kommt. Aber das Gegenteil ist passiert: Die Zweifel, die im Verborgenen geschlummert haben, sind nun an die Oberfläche getreten und Ihr Freund ist zu seiner Frau zurück gekehrt, zumindest vorübergehend. Und dass er dort nicht nur der Kinder wegen ist, zeigt die Tatsache, dass die beiden miteinander geschlafen haben. Ich kann verstehen, dass das Sie sehr kränkt!
Und ich kann mir auch vorstellen, dass Sie das nicht verstehen können: Wieso kann er seine Frau nicht loslassen, mit der er so viel Stress hat, wo er doch mich hat, mit der es so gut läuft?
Leider sind oft gerade die destruktiven Beziehungen viel stabiler als die harmonischen. Wie viele Menschen bleiben bei einem alkoholkranken Partner, lassen sich Gewalt antun oder verzeihen auch den achten Seitensprung? Oft geht es in destruktiven Beziehungen darum, ein ungelöstes Beziehungsthema aus der Kindheit zu lösen, und dafür ist ein Partner, mit dem man einen Machtkampf oder ein Nähe-Distanz-Thema leben kann, perfekt.
Dazu kommt noch, dass Ihr Partner Kinder mit seiner Frau hat. So wie sich ihre Drohungen anhören, kann man sich vorstellen, dass die Kinder unter der Trennung der Eltern sehr leiden werden. Wahrscheinlich werden diese Eltern keine vernünftige, faire Trennung und einen verlässlichen elterlichen Kontakt zueinander hinbekommen. Es spricht für Ihren Freund, dass er sich -trotz seiner Gefühle für Sie - um seine Kinder sorgt.
Allerdings sorge ich mich auch um Sie, das muss ich sagen. Denn Sie können jetzt eigentlich nichts tun. Sie können nur abwarten, was Ihr Freund macht. Das macht ohnmächtig!
Sie können nur entscheiden, ob Sie
a) sich in der Zwischenzeit ganz zurück ziehen und sich gut um sich selbst kümmern (Freundinnen treffen, Sport treiben, reisen, das ganze Programm)
oder
b) ob Sie sich in der Zwischenzeit wieder mit Ihrem Freund treffen, um Ihre Sehnsucht zu stillen und ihn vielleicht auch immer wieder davon zu überzeugen, wie schön es mit Ihnen ist.

Möglichkeit b) ist wahrscheinlich leichter, aber er birgt die Gefahr, dass Ihr Freund sich nie entscheidet. Ich kenne viele Männer, die oft jahrelang zwischen ihrer Frau und ihrer Freundin hin- und herwechseln, in den verschiedensten Formen. Am Ende sind dann alle drei mit den Nerven fertig. Deshalb würde ich Ihnen Variante a) empfehlen, damit Sie Ihrem Freund signalisieren, dass er nicht beides haben kann. Sagen Sie ihm, wie sehr dieser Zustand Sie zermürbt, wütend und traurig macht, und ziehen Sie sich dann zurück. Ein paar Mails oder mal eine Postkarte, gegebenenfalls ein Kaffeetrinken zwischendurch, aber nicht mehr. Ihr Freund kann dann viel deutlicher spüren, wie sein Leben ohne Sie aussieht.
Wie auch immer Sie sich entscheiden: Passen Sie gut auf sich auf. Reden Sie mit Ihrem Freund darüber, wie es Ihnen geht, damit er es weiß. Und behalten Sie sich auch vor, aus der Situation auszusteigen, wenn es Ihnen zu lange dauert. Denn auch das ist klar: Wenn Ihr Freund sich ganz für Sie entscheidet und seine Frau verlässt, wird es möglicherweise Jahre dauern, bis er auch innerlich völlig frei von ihr ist und die Beziehung verarbeitet hat.

Herzliche Grüße
Julia Peirano

Liebe Leserinnen und Leser,
ich freue mich sehr über Ihre Kommentare! Bitte schreiben Sie eigene Erfahrungen, Ratschläge und Gefühle beim Lesen der Situation, das ist sehr wertvoll für den Blog!
Aber bitte seien Sie freundlich und respektvoll, schließlich geht es um sehr persönliche Dinge.
Herzliche Grüße
Julia Peirano

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