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Daddylicious ARD-Doku Review: Väter zwischen Kind und Karriere

Daddylicious: ARD-Doku Review: Väter zwischen Kind und Karriere
Es gibt Momente, da ergeben GEZ-Gebühren tatsächlich einen Sinn. Am Montag war für Kai Bösel so ein Moment, als er die Doku "Papa, trau dich!" in der ARD sah. Eine Mediathek-Empfehlung.

Es gibt Momente, da ergeben GEZ-Gebühren tatsächlich einen Sinn. Montag war so ein Moment. In der ARD lief um 22.45 Uhr die Doku „Papa, trau Dich!“. Unter der Woche ist das für die arbeitende Familie fast schon zu spät. Aber dank Mediathek immer noch hier erreichbar. Wer Montag so lang durchgehalten hat, dem wurde mal wieder vor Augen geführt, dass es bis zur Gleichberechtigung noch ein weiter Weg ist.

Denn wenn ein Vater in der Sendung berichtet, dass er seine Karriere und seine Führungsposition aufgegeben hat, um mehr Zeit für die Kinder zu haben, dann empfindet man Mitleid und hält ihn für einen Exoten. Dabei opfern Frauen täglich den Aufstieg auf der Karriereleiter, um mehr Zeit für die Erziehung Ihrer Kinder zu haben. Irgendwie will das noch nicht so richtig in den Kopf, dass beide Seiten beruflich und privat ähnliche Entscheidungen treffen können. Und auch gesellschaftlich scheint das noch nicht fest verankert zu sein, wie eine Leserin uns mal in einem Gastbeitrag über Ihre Rolle als Ernährerin der Familie zusammenfasst. Zu oft ziehen wir noch eine Schublade auf und urteilen.

Arbeitgeber scheinen auf die modernen Modelle ebenfalls noch nicht vorbereitet. Bei Männern wird davon ausgegangen, dass diese quasi durcharbeiten. Und so lernen wir in der Sendung der ARD, dass der Antrag einer zweimonatigen Elternzeit bereits zu Problemen im Job führen kann. Wobei ich das gar nicht einseitig beleuchten möchte, denn gerade für kleinere Unternehmen ist die gewünschte Flexibilität oft auch aus wirtschaftlichen Gründen gar nicht umsetzbar. Modelle mit Homeoffice, flexiblen Arbeitszeiten und „cloud working“ stecken noch in den Kinderschuhen. Ob sowas Zukunft hat, erarbeiten wir übrigens als Co-Host zusammen mit Microsoft und beruflich eingespannten Vätern nächste Woche in dem Workshop „Familization of IT“.

Aber zurück zur Sendung und den Schubladen. Denn davon gab es auch im Beitrag einige: so ist die Väter-Gruppe aus Hamburg, in der sich ausschließlich Daddys mit Ihren Kindern zum Spielen und Schnacken treffen, eine tolle Idee. Warum dann aber einer der Väter äußert, der Unterschied zu Frauengruppen sei der, dass sich Väter auch über kindfremde Themen wie Filme mit Bruce Willis austauschen können, Mütter aber nach sechs Monaten immer noch nicht wissen, was die anderen Mütter aus der Gruppe beruflich machen, weil sie eben ausschließlich Kinder-Themen bequatschen, dass war wieder eine dieser Schubladen. Oder der betreffende Vater hat eine Mutter-Kind-Gruppe besucht, in der die Frauen nur über Kinder geredet haben, weil nun ein männlicher Zuhörer dabei war. Wer weiß. Jedenfalls ist diese Aussage gruselig pauschal.

Daddylicious: ARD-Doku Review: Väter zwischen Kind und Karriere

Oder das Vorurteil des Blankeneser Tagesvaters, dass er Wochenend-Väter schon von weitem erkennt, weil sie beim Schieben des Kinderwagens meist das Handy am Ohr haben. Ich finde super, dass er als Mann sich für so einen Job entschieden hat. Aber alle anderen „Wochenend-Väter“ als die schlechteren und weniger interessierten Väter abzutun ist einfach nur überheblich und selbstgefällig. Es gibt viele Väter oder natürlich auch Mütter, die weiter Vollzeit arbeiten müssen, um die Familie zu ernähren. Man sollte andere Modelle nicht gleich verurteilen, denn oft gibt es Gründe, warum speziell die Väter eben weniger Zeit für Ihre Kinder haben ohne damit gleich ein weniger liebender Vater zu sein. Anders herum funktioniert das mit der Schublade auch großartig. Die Väter, die Elternzeit nehmen, sind die besseren Väter und die Frauen dazu, die ihren Beruf trotz Kind weiter Vollzeit ausüben, sind Rabenmütter. Herrlich einfach!

Niemand sollte der Meinung sein, ein besserer Vater zu sein, nur weil er einen anderen Weg geht als andere. Ansonsten war das mal ein ganz feines Stück Fernsehprogramm, welches Ihr Euch anstelle von Dschungelcamp, Handball-WM und Tatort gern mal anschauen dürft.

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