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Daddylicious „Theorie & Praxis“ oder „Vor und nach der Geburt“

Daddylicious: „Theorie & Praxis“ oder „Vor und nach der Geburt“
Kein Schnuller, kein Fernseher, keine Trotzanfälle im Supermarkt: Vor der Geburt haben Eltern eine genaue Vorstellung von ihrem Leben mit Kind, meint Kai Bösel. Doch dann kommt die Realität.

Ich glaube, in uns allen steckt eine kleine Else Kling. Die kauzige alte Dame aus der Lindenstraße verbrachte einen Großteil ihrer Zeit damit, die Ellbogen auf dem Plüschkissen am geöffneten Stubenfenster abzulegen und ihre Mitmenschen auf kleine und große Unzulänglichkeiten aufmerksam zu machen. Und mal ganz ehrlich, sowas kann doch irgendwie jeder ganz gut. Besonders sensibel wird man für die Fehler seiner Mitmenschen, wenn dann noch Kinder im Spiel sind. Und wenn Ihr Euch bisher nicht dafür interessiert habt: sobald sich die zwei Streifen auf dem Schwangerschaftstest gefärbt haben, fangt Ihr an, über die Zeit nach der Geburt nachzudenken und Euch Urteile über andere Leute mit Kindern zu bilden. Und Ihr seid voller guter Vorsätze...

Wenn es eine Tochter werden sollte, dann kauft Ihr auf keinen Fall rosa und pinke Klamotten, denn Ihr wollt auf gar keinen Fall so ein Püppchen. Andere Mädchen haben mit zwei Jahren schon Ohrringe. Das kommt für Euch nicht in Frage. Ihr stellt Euch eine robuste, lässige Klamotte vor, die auch dreckig werden darf. Barbie und Prinzessin sollen die anderen machen, Ihr denkt bei Euren Genen eher an die rote Zora und Pippi Langstrumpf.

Und dann die Sache mit dem Schnuller. Am liebsten hättet Ihr, dass Euer Kind komplett darauf verzichtet. Früher gab es schließlich auch keine Schnuller. Und aus den Kindern ist ja auch 'was geworden. Also lieber weglassen, die Plastikteile. Außerdem sind die auch nicht gut für die Zähne. Und verzögern das verständliche Sprechen. Und irgendwann sieht's auch doof aus.

Ach ja, ganz wichtig ist der Vorsatz mit dem eigenen Bett. Eins der am meisten diskutierten Themen in den ersten Jahren mit Kind. Ihr wollt Euren Nachwuchs auf jeden Fall umgehend in ein eigenes Zimmer ausquartieren. Dann besteht weder die Gefahr, dass Ihr Euch möglicherweise Nachts im Schlaf umdreht und den kleinen Stöpsel in der Besucherritze versenkt, noch lauft Ihr Gefahr, Euer Kind an die Wärme und kurze Reaktionszeit der herumliegenden Eltern zu gewöhnen. Und davon mal ganz abgesehen: wie sollt Ihr, mit Kind in der Mitte, mit Eurer Partnerin die gewohnte Löffelchenstellung zum Schlafen oder anderen Tätigkeiten einnehmen?

Daddylicious: „Theorie & Praxis“ oder „Vor und nach der Geburt“


Und es gibt noch so viel mehr, was Ihr Euch vornehmt: keine Gläschen füttern, sondern das Essen immer frisch kochen. Kein Fernsehen vor dem 18. Geburtstag erlauben. Als erste Worte "Bitte" und "Danke" beibringen und nicht zulassen, dass sich Euer Kind bockig schreiend an der Supermarktkasse auf den Boden wirft.

So ähnlich war das bei mir auch. Ich wusste ganz genau, wie sich das Leben nach der Geburt abspielt. In der Theorie. Und dann hatte ich irgendwann dieses kleine zerbrechliche Wesen im Arm. Dieser Moment war so ähnlich wie ein "Format C" auf der Festplatte. Die Karten wurden neu gemischt.

Zugegeben, vieles haben wir eingehalten. Die Kleine ist heute 2,5 Jahre und hat wirklich nie Gläschen bekommen. Dafür isst sie heute alles, was wir auch essen. Inklusive schwarzen Oliven, Krabben und Leberwurst. Außer bei der WM und zum Fingernägelschneiden lief noch nie der Fernseher, wenn sie wach ist. Sie trägt keine Brillies im Ohr und sagt "Gesundheit", wenn jemand niest. Oder hustet. Oder sich räuspert. Dafür ist sie aber durchaus manchmal bockig. Zum Beispiel beim Wechseln der Tagesklamotte, dem angekündigten Verlassen des Spielplatzes oder manchmal auch ohne ersichtlichen Grund. Das kann niedlich sein, aber auch sehr nervig. Trotzdem gehört es dazu.

Schnuller benutzt sie auch immer noch. Tagsüber immer seltener und in der KiTa gar nicht mehr. Aber nachts hat sie meist einen im Mund und dann noch 4 weitere um sich rum oder in den Händen. Wir denken mittlerweile über den Einsatz der Schnullerfee nach. Aber wir sehen es gelassen, denn in einigen Momenten scheint es ihr mit Schnuller einfach etwas besser zu gehen.

Und das zu dritt im großen Bett schlafen? Ich liebe es! Erstens bringt das Kuscheln in der Bettmitte oft noch eine erholsame Stunde Schlaf mehr und wenn sich dann im Halbschlaf zwei kleine Arme um Dich schlingen, wischt Du Dir kurz die Freudentränen weg und dämmerst mit einem Lächeln um die Lippen ebenfalls wieder ein.

Daddylicious: „Theorie & Praxis“ oder „Vor und nach der Geburt“


Und ja, die Klamotten. Kürzlich brauchte sie neue Gymnastik-Schuhe für die KiTa. Und da lässt sie sich auch nichts mehr vormachen, sondern sucht mit aus. Zielstrebig zog sie die pinken Treter mit den vielen Herzen aus dem Regal. Wir haben kurz alternative Modelle mit etwas weniger *blingbling vorgeschlagen. Die trafen aber so gar nicht ihren Geschmack. Schließlich sollen die Schuhe ja auch zum Rest im Kleiderschrank passen. Und da ist tatsächlich doch überraschend viel Rosa dabei.

Aber es gibt einen Trost. Sie hat noch nichts mit "Hello Kitty" drauf. Denn das geht ja gar nicht...niemals?

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