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Der Investigativ-Blog Post vom Verfassungsschutz

Der Investigativ-Blog: Post vom Verfassungsschutz

Heute meldete sich das Bundesamt für Verfassungsschutz bei uns. Per E-Mail. Der Inhalt war brisant. Er lautete: "Bitte vernichten!".

Als Journalist wird man täglich mit vielen Pressemitteilungen bombardiert. Fast alle kommen per E-Mail. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) schickte heute eine Nachricht an seinen Presseverteiler. In der Betreffzeile stand: "BfV 8D31, Pressemitteilung Bundesamt für Verfassungsschutz Reform". Eine E-Mail ausgerechnet von dieser Pressestelle ist immer noch etwas Besonderes. Für besondere Offenheit gegenüber der Presse ist der Geheimdienst eigentlich nicht bekannt. Doch heute erreichten die Redaktion innerhalb von fünf Minuten gleich drei E-Mails – alle mit gleichlautendem Betreff. Was war geschehen?

Irgendjemand in der Pressestelle der Verfassungsschützer hatte auf "Senden" gedrückt und dabei übersehen, dass in dem Empfängerfeld 53 E-Mail-Adressen offen lesbar waren, für alle Empfänger der E-Mail. Dies ist ein typischer Anfängerfehler einer Pressestelle oder von PR-Agenturen. Und der Spott in den Redaktionen ist entsprechend groß. Denn dadurch liegen die Medienkontakte einer Firma oder wie in unserem Falle eines Geheimdienstes für alle Journalisten offen. Genüsslich kann man nachschauen, wer im Adressbuch der Geheimen steht. Von Datenschutz keine Spur! Headhunter würden gutes Geld für diese Liste zahlen. Man könnte das Offenlegen der Pressekontakte im Fall des BfV sogar wohlwollend als eine Form von Transparenz verstehen. Aber so war es wohl nicht gemeint.

In den ersten vier Minuten nach Eingang der E-Mail passierte nichts. Dann kam eine E-Mail mit der gleichen Presseerklärung (pdf) im Anhang, diesmal aber auch mit Inhalt: "Übermittelte E-Mail wird hiermit zurückgerufen. Bitte vernichten!". Normalerweise bitten E-Mail-Absender bei falsch zugestellten oder inhaltlich fehlerhaften Mails einfach darum, diese zu löschen, was an sich schon ein frommer Wunsch ist. Aber wer denkt bei dem schrecklichen Wort "vernichten" nicht sofort an die dubiose "Operation Konfetti" – das Schreddern von Neonazi-Akten beim Bundesamt für Verfassungsschutz?

Eine weitere Minute verging, dann ging die Pressemitteilung zum dritten Mal ein. Nur war jetzt der Empfängerkreis verborgen. Dieser eigentlich harmlose, tolpatschig misslungene Versand einer E-Mail aus der Pressestelle des Bundesamtes für Verfassungsschutz hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack.

von: Dirk Liedtke

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Foto: dpa

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