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Der Investigativ-Blog Rettung vor Strom-Blackout: das zeigen die Daten

Der Investigativ-Blog: Rettung vor Strom-Blackout: das zeigen die Daten

Vor etwa einem Monat hat es Deutschland doch noch kalt erwischt. Hoch "Cooper" ließ die Temperaturen über Wochen weit unter Null Grad sinken und bescherte uns goldene, oft windstille Wintertage. Vor diesem Wetter hatten die Betreiber des Hochspannungsnetzes gewarnt. Bei klirrender Kälte steigt der Energieverbrauch. Stehen dazu noch die Windenergieanlagen still, kann die Spannung im Stromnetz gefährlich sinken. Im schlimmsten Fall kollabiert das Netz. Dann braucht es Tage, um die Spannung wieder aufzubauen.

Die Katastrophe ist aber nicht eingetreten – dank Sonne und Wind und dank der Reservekraftwerke in Süddeutschland und Österreich, die uns mit Strom aushelfen. Hatten wir also nur deshalb genug Strom, weil wir mehr aus dem Ausland importiert haben? Daten dazu veröffentlicht das European Network of Transmission System Operators for Electricity (ENTSOE) stündlich im Internet. Sie zeigen, dass Deutschland nur während weniger Tage mehr Strom importiert hat, als es ins Ausland exportierte. In der folgenden Grafik sind diese Daten dargestellt. Die blauen Balken stehen für die Strom-Exporte von Deutschland ins Ausland, die gelben Balken für die Importe. Daraus ergibt sich für jeden Tag ein Saldo, der hier als rote Linie dargestellt ist.

Am weitesten ins Minus ist Deutschland am 24. Januar gerutscht. An diesem Tag betrug der Saldo aus Exporten und Importen -68.000 Megawattstunden. Gerettet hat uns Frankreich, mit Netto-Stromlieferungen von 77.000 Megawattstunden. Aber gleichzeitig hat Deutschland auch Strom exportiert, in die Schweiz, nach Österreich und nach Polen. Eine absurde Situation: Im Südwesten verbrauchen wir französischen Atomstrom, während ein Teil der erneuerbaren Energie, die wir im Norden erzeugen, nach Polen abtransportiert wird. Die Datenauswertung zeigt, was unterm Strich übrig bleibt, wenn man Strom-Importe und -Exporte gegenrechnet.

Große Stromflüsse von Frankreich nach Deutschland waren in den vergangenen Monaten häufig zu beobachten. Mittlerweile fließt die Energie aber auch in die andere Richtung. So gab es Anfang Februar fünf Tage, an denen Deutschland mehr Strom nach Frankreich exportierte, als von dort nach Deutschland importiert wurden. In Frankreich war während der Kältewelle der Strom knapp geworden, auch weil Millionen Franzosen mit Strom heizen. Das Land musste massiv Energie aus dem Ausland kaufen. Das drehte auch die übliche Strom-Bilanz mit Deutschland, wie diese Grafik zeigt. Dabei entstehen negative Werte, wenn mehr Strom von Frankreich nach Deutschland fließt als umgekehrt. Ist die Bilanz positiv, fließt über den gesamten Tag gesehen mehr Strom von Deutschland nach Frankreich:

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Die spannendste Frage aus der Datenanalyse: Ist die Energiewende in Deutschland eine Illusion? Faktisch verbrauchen wir viel mehr Atomstrom, nämlich aus Frankreich, als wir eigentlich wollen. Und leiten grüne Windenergie in die Netze unserer osteuropäischen Nachbarn. Oder müssen wir aufhören, allein an Deutschland zu denken, und stattdessen die globale Energiebilanz in den Blick nehmen – also Ökoenergie fördern und ausbauen, auch wenn sie letztlich nicht aus der eigenen Steckdose kommt?

von Christina Elmer

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