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Der Investigativ-Blog Salafisten-Stars aus Deutschland zieht es nach Libyen

Die einflussreichen Szene-Größen Denis Cuspert und Mohammed Mahmoud haben sich offenbar nach Libyen abgesetzt. Davon sind deutsche Behörden überzeugt, wie wir aus Sicherheitskreisen erfahren haben. Die beiden sollen sich in der Küstenstadt Dera befinden – der Ort gilt als Hochburg der al-Qaida in Libyen.

Denis Cuspert war früher unter dem Namen „Deso Dogg“ als Rapper aktiv, mittlerweile verfasst er islamistische Kampflieder, die in der Szene Kult-Status genießen. Der Österreicher Mohammed Mahmoud hatte einst die deutschsprachige Sektion des al-Qaida-Sprachrohrs „Globale Islamische Medienfront“ (GIMF) gegründet, verbüßte daraufhin in Wien eine vierjährige Haftstrafe. Nach seiner Entlassung im September 2011 zog er nach Deutschland, vernetzte sich hierzulande mit anderen Szene-Größen und engagierte sich als Hass-Prediger. Gemeinsam mit Ex-Rapper Cuspert gründete Mahmoud die Salafisten-Organisation „Millatu Ibrahim“. Mitglieder dieser Truppe waren an vorderster Front dabei, als es im letzten Frühjahr am Rande von Demonstrationen der „Pro-NRW“ in Bonn und Solingen zu blutigen Straßenschlachten mit der Polizei kam.

Als Bundesinnenminister Friedrich dann im Juni „Millatu Ibrahim“ öffentlichkeitswirksam verbieten ließ, hatten sich Mahmoud und Cuspert bereits aus Deutschland abgesetzt. Ihr Ziel zunächst: Ägypten. Dutzende Anhänger aus Deutschland sollen ihnen dorthin gefolgt sein, die Angaben schwanken zwischen 20 und 50. Aus dem Untergrund im ägyptischen Exil setzte die Gruppe ihre Aktivitäten fort. In dem kürzlich veröffentlichten Song „Wir sind ausgewandert“ feiert Cuspert den Märtyrertod im Kampf gegen die Ungläubigen. In einer (noch in Deutschland aufgezeichneten) Videobotschaft droht der Ex-Rapper außerdem unverhohlen mit Anschlägen: „Ihr setzt Millionen und Milliarden ein für den Krieg gegen den Islam. Und deshalb ist dieses Land hier, die Bundesrepublik Deutschland, ein Kriegsgebiet“.

Der neue Aufenthaltsort von Mahmoud und Cuspert bereitet den Sicherheitsbehörden Sorge. Derna ist die Hochburg extremistischer Salafisten in Libyen. Bereits zu Zeiten Gaddafis hatte sich die Küstenstadt im Osten einen entsprechenden Ruf erworben. 80 Prozent aller Libyer, die einst im Irak gegen die „ungläubige“ US-Armee kämpften, stammten aus Derna. Mehrere radikale Milizen haben sich in der Post-Gaddafi-Ära in der Stadt breit gemacht, hunderte ausländische Islamisten sollen seit dem Sturz des Regimes dorthin gereist sein.

Die mit al-Qaida assoziierte und in Derna verwurzelte Brigade des inhaftierten Scheichs Omar Abdel Rahman (Drahtzieher des ersten Anschlags auf das World Trade Center 1993) wird zudem verdächtigt, eine zentrale Rolle bei der tödlichen Attacke auf das US-Konsulat in Bengasi am 11. September gespielt zu haben. Westliche Geheimdienste verfügen über Hinweise, wonach Al-Qaida-Chef und Bin Laden-Nachfolger Ayman Al-Zawahiri persönlich entschieden haben soll, Derna zu einem zentralen Stützpunkt seiner Terrororganisation auszubauen. Offenbar zu diesem Zweck hat er den hochrangigen al-Qaida-Funktionär Abdul Basit Azuz nach Libyen geschickt. Vor einigen Monaten beschwerte dieser sich, dass eine US-Drohne sein Trainings-Camps bei Derna getroffen habe.

Ein heißes Pflaster also, auf dem sich die Salafisten-Stars aus Deutschland herumtreiben. Große Teile der Bevölkerung vor Ort sind mit der Rolle der Stadt als Rückzugsort militanter Islamisten übrigens nicht einverstanden: Nach dem Anschlag auf das US-Konsulat im benachbarten Bengasi gab es im September in Derna tagelange Proteste gegen islamistische Milizen, die sich daraufhin aus den Kasernen der Stadt teilweise zurückgezogen haben. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.

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