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Der Investigativ-Blog Schweiz klagt deutschen Steuerdatendieb an

Der Investigativ-Blog: Schweiz klagt deutschen Steuerdatendieb an

Der inhaftierte IT-Spezialist Lutz O. wird beschuldigt, Daten der Bank Julius Bär geklaut zu haben. Ein pensionierter deutscher Steuerfahnder, der Os. Kundeninfos verkauft haben soll, wird per Haftbefehl gesucht.

Fast ein Jahr ist vergangen, seit die Schweizer Ermittler Lutz O. die Handschellen anlegten. Es ist der 24. Juli 2012. Wie üblich kommt O. morgens in sein Büro bei der Julius-Bär-Bank in Zürich. Kurze Zeit später wird er zu einer Besprechung mit dem Chef der IT-Abteilung gebeten. Nichts besonderes, denkt O. Plötzlich gehen die Bürotüren auf, Zivilpolizisten und der Staatsanwalt treten ein und nehmen ihn fest. Durch die Tiefgarage wird er abgeführt. Die Schweizer werfen ihm vor, Kundendaten der Julius-Bär-Bank entwendet und an deutsche Behörden verkauft zu haben. O. hat das bereits eingestanden, daher wird es ein verkürztes Verfahren geben. Ende des Jahres könnte er freigelassen werden.

Inzwischen ist der 54-Jährige in einem kleinen Gefängnis in Zug untergebracht, ein "Wohlfühlknast", wie er das nennt - wenig Insassen, das Essen sei gut und die Einrichtung recht neu. Das Golfen fehle ihm fast am meisten, sagt er. Sein Komplize spielt, so oft er kann. Edgar W. (Name von der Redaktion geändert) spricht gerne über seinen Lieblingssport oder seine Krankenakte. 26 Jahre lang war er Steuerfahnder, spürte Künstlern und Sportlern nach, die ihre Einkünfte nicht ordnungsgemäß beim deutschen Staat meldeten. Seit Anfang Juni 2010 ist er pensioniert. Die beiden kennen sich seit Jahren.

Lutz O. stahl die Daten Ende 2011 aus den Systemen der Bank, Edgar W. führte die Verhandlungen mit der Oberfinanzdirektion Münster. Soweit decken sich die Darstellungen. Doch bei allem anderen widersprechen sie sich. O. sagt, W. sei nach einem Golfturnier auf ihn zugekommen und habe gefragt, ob er Bankdaten besorgen könne. W. sagt, O. habe ihm die Daten angeboten. Den Schweizer Behörden erzählte O., sie hätten eine Bezahlung von 1,1 Millionen Euro vereinbart. W. schwankt zwischen 800.000 Euro und einer Million. O. wollte mit dem Geld seine Steuerschulden in Deutschland begleichen. Edgar W. sagt, er habe nichts für sich rausholen wollen.

Zu gerne würden die Schweizer Edgar W. zu der Sache befragen. Auf ihn haben sie einen Haftbefehl ausgestellt, die Ermittlungen in der Schweiz dauern an. Vergangene Woche beschwerte sich die Schweizer Bundesanwaltschaft, das Rechtshilfeersuchen, das sie an Deutschland geschickt habe, sei unbeantwortet geblieben. Aus Deutschland ist wohl kaum Hilfe zu erwarten.

Von: Nina Plonka

Foto: dpa

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