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Einfach vegan Geld und Glaube

Einfach vegan: Geld und Glaube
Heutzutage wollen wir lange jung bleiben. Der Lebensmittelindustrie gefällt das gut. Mit Superfoods, die ein langes Leben versprechen, verdienen sie ihr Geld. Der Hype dieser Produkte ist fraglich.

In den letzten Wochen habe ich ein paar Lebensmittel zum Testen zugeschickt bekommen, von denen ich vorher noch nie gehört habe. Die Hersteller preisen sie als Superfoods. Sie haben eine höhere Nährstoffdichte als andere Lebensmittel und verdienen wohl so das Wort „Super“. Allerdings ist das kein geschützter Begriff. Regionale Lebensmittel, die ein paar Ernährungswissenschaftler auch unter den Begriff packen, wären zum Beispiel Grünkohl, Spinat, Blaubeeren oder Broccoli. Meine Oma wusste schon, dass das Superfoods sind. Nur das Wort war ihr fremd. Und die neuen Superfoods kannte sie auch nicht. Zum Beispiel diese: Chlorella-Algen, Pülverchen wie Moringa, Maca, Boab, Gincko, oder Acai, Chia-Samen, Goji-Beeren oder Sacha Inchi-Nüsse. Sexuelle Lust, langes Leben, Gedächtnissteigerung, mehr Kraft, schönere Haut, ein stärkeres Immunsystem – was wird da alles versprochen. Der Hersteller schreibt, Azteken, Mayas, Inkas, oder ein anders historisches Volk, glaubten, dass dieses oder jenes das Leben verlängert, Falten verschwinden läßt oder die Potenz steigert. Hatten die eigentlich Ahnung davon? Wie das, bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von einem Alter, in dem wir gerade unsere Midlife-Crisis ausleben?
Ich habe mich mal ein paar Stunden durchs Netz gewühlt, aber richtig gute Studien über die Wirkung der Wundermittel sind noch Mangelware. Ein paar Versprechen scheinen zu stimmen, Maca kann die Spermienzahl zum Beispiel nachweisbar erhöhen. In den nächsten Jahren werden wir bestimmt mehr darüber erfahren und einiges schlauer werden.

Nährstoffbombe
Klar ist, diese Pflanzen sind zum Teil wahre Nährstoffbomben. Auf der anderen Seite nimmt man aber sehr wenig davon ein. Wenn ich von einem Pulver, das drei mal so viel Vitamin A wie Karotten hat, nur einen Teelöffel esse, habe ich natürlich weniger Vitamin A zu mir genommen, als wenn ich mal eben eine Karotte knabbere. Unklar ist, ob bestimmte Pflanzen nicht auch auf lange Sicht vielleicht sogar einen Nachteil bedeuten könnten. Jede Pflanze hat auch natürliche Gifte, die sie vor Fressfeinden schützen soll. Schützen möchte uns Verbraucher auch das Bundesinstitut für Risikobewertung. Das sieht die Verwendung von Maca und Chia dann auch ein wenig skeptisch.
Unwissende Alte
Was mich wundert, ist der Hype, der um diese Lebensmittel gemacht wird. Sind wir alle auf der Suche nach dem heiligen Gral von Gesundheit und einem langen Leben? Sind Superfoods der Schlüssel? Dazu müsste man sich vielleicht mal die Dörfer anschauen, in denen die meisten 100-jährigen leben. Egal ob in Italien, Japan oder Südamerika, sie haben alle eins gemein. Von diesen tollen Pülverchen wissen sie nichts. Sie schwören zwar alle auf das eine oder andere, aber der Trick für ein hohes Alter scheint dagegen etwas anderes zu sein: regional und authentisch zu kochen, selbst anbauen, lange arbeiten und eine gute Gemeinschaft pflegen. Einfach ein gutes Leben haben.

Superkasse
Es gibt allerdings eine super Wirkung, die sehr leicht nachweisbar ist: die Kasse klingelt. Die Superfoods treffen auf eine gesundheitsbewusste Zielgruppe, die beim Einkauf nicht jeden Cent umdrehen muss. Nicht verwunderlich, dass zum Beispiel die veganen Topatlethen Brendan Braizer und Rich Roll negen ihren Büchern auch gleich eine eigene Kollektion Superfoods mit anbieten. Wenn es ihnen hilft, ihre unglaublichen Leistungen zu vollbringen, könnte ich mir doch mit einem täglichen Löffelchen Moringa eine Scheibe davon abschneiden. Ich werde das Zeug mal ausprobieren, vielleicht werde ich ja zum Supermann. Ich glaub da jetzt mal dran.

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