KLM hat als eine der ersten Airlines die verlängerte Version des Dreamliners erhalten. Doch bevor die Boeing 787-9 im Liniendienst fliegt, ist die Maschine zu einem Sonderflug über Holland und das Wattenmeer gestartet. Wir waren an Bord.
Der Abschiedsflug der dreistrahligen MD11 vor einem Jahr hatte es vorgemacht: Bevor die niederländische KLM im November 2014 ihre letzte McDonnell Douglas in Rente schickte, konnten Luftfahrtenthusiasten Tickets für eine Ehrenrunde im Himmel über den Niederlanden für 111 Euro im Internet kaufen, die innerhalb weniger Minuten vergriffen waren.
Was mit einem Oldtimer gut funktionierte, geht erst recht mit einem Flugzeug der neusten Generation, dachten sich die Holländer. Mit der Idee haben sie am 22. November so gleich drei Sonderflüge gefüllt, nachdem die erste von 15 bestellten Boeing 787-9 aus Seattle kommend in Amsterdam gelandet war. Nicht am Gate, sondern auf dem Vorfeld hat die brandneue Boeing 787-9 eingeparkt.
KLM ist nach British Airways die zweite Fluggesellschaft in Europa, die diesen Flugzeugtyp in ihre Flotte aufgenommen hat. Im Gegensatz zur Boeing 787-8 ist diese Version des Dreamliners um sechs Meter verlängert und die Spannweite um gut acht Meter verbreitert worden. Erst seit Juni 2014 fliegen die ersten Maschinen, von denen Boeing mehr Bestellungen vorliegen als von der kürzeren "Dash-Eight"-Version.
Unter den Flügeln hängen zwei Kraftpakete von General Electric. Die Turbo-Triebwerke transportieren die Maschine mit eine maximalen Reisegeschwindigkeit von 920 km/h über eine Entfernung von 15.100 Kilometern und verbrauchen angeblich 20 Prozent weniger Kerosin als Vorgängermodelle.
Nach einem kräftigen Regenguss glänzt der Rumpf der 62,8 Meter lange Boeing in der Mittagssone. Schon am Gate herrschte, bevor es in die Busse ging, eine besondere Atmosphäre mit mehreren Ansprachen auf Niederländisch - immer voll des Lobes für "onze nieuwe zeven-acht-zeven".
An Bord freuen sich die fast ausschließlich männlichen Passagiere auf den Start. Ihr Handgepäck besteht aus einer obligatorischen Kamera oder einem Smartphone. Wie bei allen Dreamlinern sind in der Economy Class drei Dreiersitze pro Reihe eingebaut. Der Kabinenhimmel wird orange beleuchtet, jedem Passagier steht ein 11-Inch großer Bildschirm zur Verfügung.
Nach einer Viertelstunde auf dem Taxiway des Schiphol Airports, mit Scharen von Planespottern hintern den Zäunen, hebt der Dreamliner von der westlichsten "Polderbaan" ab, steigt auf eine Flughöhe von nur 600 Metern und drosselt die Triebwerke: Im leisen Tiefflug geht es für eine knappe Stunde immer dicht unter der Wolkengrenze zunächst über die Nordsee, das Wattenmeer und in einem großen Bogen über Leeuwarden, Groningen und das Ijsselmeer zurück nach Amsterdam.
Über den Wolken ist die Sitzfreiheit in der Holzklasse nicht grenzenlos: Der Sitzabstand beträgt 31 Inch oder 79 Zentimeter - das ist unteres Mittelmaß. Allerdings lässt sich die Rückenlehne gefühlt etwas weiter nach hinten schieben. In der Economy Comfort von KLM freuen sich die Knie über zehn Zentimeter mehr Beinfreiheit.
Einen kleinen Snack gibt es aus der Tüte, den die Stewardessen noch am Gate verteilt haben. Darin ist auch eine Notausstieganleitung enthalten, damit die Flugenthusiasten jene aus der Sitztasche an Bord nicht klauen müssen. Eine Stewardess wandelt mit einem Dreamliner-Modell durch die Gänge und erklärt die Vorzüge des neuen Flugzeuges.
Auf eine erste Klasse verzichtet KLM in der 787-9. Aber besser ergeht es den Business-Class-Gästen auf den Langstreckenflügen in den 30 Sesseln des Herstellers Zodiac, die sich in flache Betten verwandeln lassen. Die Sitze in 1-2-1er-Anordnung sind leicht schräg gestellt - ideal, um einen Blick aus den großen Fenstern zu werfen. Statt des sonst knalligen Blaus bei der Außenlackierung und bei den Kostümen der Stewardessen hat die niederländische Designerin Hella Jongerius das Interieur in dezenteren blauen Blau- und Brauntönen gestaltet.
Gute Stimmung nach dem Rundflug auch im Cockpit: Die brandneue Boeing sorgt für eine Verjüngung der Flotte. Im Gegensatz zu Airbus-Flugzeugen setzt Boeing allerdings weiterhin auf den traditionellen Steuerknüppel. Im Gespräch mit dem stern erklärt René de Groot, Chef Operating Office von KLM: "Der Dreamliner ersetzt nach und nach unsere Boeing 747 und die 747Combi", einer Kombination von Passagier- und Frachtflugzeug, mit denen KLM noch unterwegs ist.
Nach der Landung braust wie bei einem Charterflug in der Kabine Applaus auf. Am Boden bleibt noch Zeit für Selfies mit der "Zoonebloem", so der Name der ersten Boeing 787-9 von KLM. Im Liniendienst wird die Maschine zunächst von Amsterdam nach Abu Dhabi und Bahrain fliegen. Im Dezember wird das nächste Exemplar von Boeing erwartet.
Kontrastreiches Stelldichein auf dem Vorfeld zum Finale: Neben dem Dreamliner als Vertreter der neusten Flugzeuggeneration steht die Douglas DC3 der ältesten Fluggesellschaft der Welt - die Gründung erfolgt im Jahre 1919. Die Propellermaschine mit dem Baujahr 1944 diente einst als Regierungsflugzeug der Niederlande und unternimmt in historischer KLM-Bemalung seit 1998 ebenfalls Rundflüge.
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