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Follow Me: Boeing backt Flugzeuge wie Brötchen
Sie gehen weg wie warme Semmeln: Jets vom Typ737. Innerhalb von zwei Jahren hat Boeing die Produktion fast um die Hälfte auf 63 Maschinen im Monat erhöht. Eindrücke von einem Ortstermin im Werk Seattle.

Tor auf für einen Rundgang durch die Boeing-Werke im Großraum Seattle im Nordwesten der USA. Eine halbe Autostunde südlich der Innenstadt werden in einem Hangar in Renton alle Varianten der Boeing 737 gefertigt - in Rekordzeit.

Mit mehr als 8000 Exemplaren ist die Kurz- und Mittelstreckenmaschine der weltweit am häufigsten gebaute Jet. Auf Anregung von Lufthansa entstand das Flugzeug mit einem Mittelgang und klassischer 3-3er-Bestuhlung Mitte der 60er Jahre und wurde seitdem ständig optimiert und verlängert. Die Boeing 737 bildet heute auch das Rückgrat vieler Billig-Airlines. So betreibt Ryanair ausschließlich 300 Flugzeuge vom Typ 737-800. Größter Kunde ist der amerikanische Low-Cost-Carrier Southwest, dessen 737-Flotte aus mehr als 600 Exemplaren besteht.

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Das Äußere der kleinen Boeing hat sich mit Ausnahme der Triebwerke, Länge und den Winglets in den 47 Produktionsjahren kaum verändert. Das liegt auch daran, dass die Maschine nicht breiter werden kann, denn jeder Rumpf kommt vorgefertigt per Eisenbahn aus Wichita in Kansas nach Renton. Mit dem Spezialanhänger geht es direkt in die Werkshalle.

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Dort wird innerhalb von nur zehn Tagen aus dem grünen und noch flügellosen Rohling ein fertiger Jet, der zur endgültigen Lackierung zu einem weiteren Standort in Seattle geflogen wird. Auf zwei parallelen Produktionslinien bauen 10.000 Mitarbeiter eineinhalb Maschinen zusammen - am Tag!

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Das Werk ist auf hohe Produktionszahlen getrimmt. Boeing steigerte in den letzten Jahren den monatlichen Output von 44 auf insgesamt 63 Maschinen. Im nächsten Jahr beginnt in Renton die Produktion des Nachfolgemodells 737 Max, eine Weiterentwicklung mit noch effizienteren Triebwerken und größerer Reichweite. Diese Version, die in Konkurrenz zum Airbus A320neo steht, verkauft sich wie geschnitten Brot: Über 2000 der nach Listenpreis mindestens 85 Millionen US-Dollar teuren Exemplare stehen bereits in den Auftragsbüchern von Boeing.

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Ortswechsel ins Werk Everett nördlich von Seattle. Hier werden die Widebodies auf einem imaginären Fließband endmontiert, allein zehn Boeing 777 pro Monat. Wenn die Maschinen bereits auf ihren Fahrwerken ruhen, bewegen sie sich mit einer Geschwindigkeit von fünf Zentimetern pro Minute durch die riesige Halle. Schon nach 17 Tagen ist Rollout, und sie stehen zum Testflug bereit.

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Die Mitarbeiter nennen die Endmontage der Boeing 777 "final assy", die Abkürzung für assembly line. Mit einer Länge von einem Kilometer wirkt das Gebäude so riesig, dass am Hallenende fast schon die Erdkrümmung einsetzt. Auch für die Triple7, von der bereits mehr als 1200 Stück ausgeliefert wurden, steht bereits die Weiterentwicklung fest: Die 777-8X und 777-9X mit Platz für maximal 400 Passagiere bekommen neue und längere Flügel, deren Enden hochgeklappt werden können. Der erste Auslieferungstermin ist für das Jahr 2020 geplant.

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Die halb fertigen Flugzeuge wirken wie unausgewickelte Ostereier: Noch sind die Aluminiumrümpfe mit einer grünen Schutzfolie überzogen. Unverkennbar im Bild oben die Nase eines Jumbojets, der hier seit Ende der 60er Jahre in verschiedenen Versionen produziert wird. Was kaum einer weiß: Ursprünglich wurde die Boeing 747 für die Military Airlift Command als Truppentransporter konzipiert, doch die Wahl des Verteidigungsministeriums fiel auf die Galaxy von Boeing-Konkurrent Lockheed.

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Jetzt erweist sich die noch einmal gestreckte neue 747-8i als Ladenhüter: Vor allem Frachtfluggesellschaften haben das jetzt längste Verkehrsflugzeug der Welt bestellt und als Erstkunde die Lufthansa, die bereits 13 Exemplare in ihrer Flotte hat. Auf dem Bild oben ist Nummer 15 zu sehen, davor Verkleidungen für die Landklappenträger an den Flügelunterseiten.

Der Markt für Jets mit mehr als 400 Passagieren erweist sich als begrenzt. Anders als Airbus, die mit der A380 auf Flugrouten mit viel Passagieren zwischen den überlasteten Airports der Metropolen abzielt, setzt Boeing auf Wachstum durch neue Nonstop-Verbindungen zwischen Großstädten, die nur mit kleineren Flugzeugen mit großer Reichweite wirtschaftlich zu bedienen sind.

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Ideal für Strecken dieser Art ist die 787-8, die ebenfalls in Everett endmontiert wird - nicht aus tunnelförmigen Aluminiumsegementen mit Hundertausenden von Nieten zusammengefügt, sondern aus neuen Verbundwerkstoffen (siehe Fotostrecke). Der jüngste Dreamliner-Spross, die verlängerte 787-9, erhielt diese Tage die Zulassung der europäischen und US-Luftfahrtaufsichtsbehörden und soll bald an Air New Zealand ausgeliefert werden.

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Bei dieser Innenaufnahme handelt es sich nicht um ein fertiges Flugzeug, sondern um ein besonderes Mock-up - ein Modell, mit deren Hilfe die Airlines die passende Bestuhlung aussuchen. Wie sehr Boeing mit Airbus in Konkurrenz steht, erkennt man bei genauerem Hinsehen: Im hinteren Teil verengt sich die Kabine mit Beginn der braunen Bestuhlung: Hier vergleicht der US-Flugzeugsteller den breiteren Rumpf seiner Boeing 777 mit den schmaleren Flugzeugen der A330/340-Versionen von Airbus.

Doch werden hier Birnen mit Äpfeln verglichen. In der Economy Class des Airbus finden pro Sitzreihe 2-4-2 Passagiere Platz, in die breitere Boeing passt dagegen eine 3-4-3er Bestuhlung. Das erhöht die Kapazitäten und freut die Airlines, aber nicht unbedingt den Passagierkomfort. Doch alle möchten möglichst preiswert fliegen. Daher bestimmt der Zwang zu immer mehr Effizienz alle Innovationen der Luftfahrtindustrie, sei es bei Boeing in Seattle oder bei Airbus in Toulouse.

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