Anzeige

Gutes aus dem Küchengarten Mit Bauch, Schürze und Zipfelmütze

Gutes aus dem Küchengarten: Mit Bauch, Schürze und Zipfelmütze
Heiß geliebt oder mit Verachtung gestraft: Der Gartenzwerg entzweit die Deutschen. Für Angelika Wohofsky ist er zudem noch ein wahrhaft mythologisches Wesen.

Dem deutschen Stereotyp ist sein Gartenzwerg heilig. Die lustigen Gesellen, oft mit großem Bauch und Schürze, findet man in Ziergärten. Schätzungen gehen davon aus, dass in deutschen Gärten rund 25 Millionen Gartenzwerge leben.

Ursprünglich aus Ton hergestellt, hat die Kunststoffindustrie den Zwerg heute für sich entdeckt. Billig zu erstehen und in allen Varianten geistert er durch die Gartenlandschaft. Wird als typisch deutsches "Kulturgut" gehandelt. Plagiate sind verpönt. Man will den echten Zwerg, auch wenn dieser aus Plastik ist.

Diese mythologischen Figuren, den mittelalterlichen Bergleuten im Aussehen mit Lederschürze, Laterne, Spitzhacke, Schaufel, Schubkarren und Zipfelmütze nachempfunden, erleben seit den 1990er Jahre einen regelrechten Boom. Ganz besonders im ungewöhnlichen Kontext als Politikerzwerg oder Zwerg mit Stinkefinger. Für solche Exemplare gibt es sogar einen Namen: Streckt der Zwerg dir sein entblößtes Hinterteil entgegen, dann handelt es sich bei ihm um die Gattung "Frustzwerg".

Was hat es also mit diesem Gartenwichtel auf sich, für den es in Basel sogar eine international agierende Vereinigung zum Schutz der Gartenzwerge gibt? Der historisch korrekte Zwerg ist nämlich maximal 69 cm groß, hat eine Zipfelmütze, trägt Bart und ist männlich. Dieses Sinnbild für Spießbürgertum und den "Deutschen Michel" motivierte außerdem zur Gründung der "Front zur Befreiungung der Gartenzwerge". Wo? In Frankreich natürlich. Die Zwerge werden dabei von ihrem Garten-Dasein befreit und in die Natur zurück gebracht oder an anderer Stelle neu arrangiert. Anhänger dieser ("alliierten") Front werken in Italien, der Schweiz, Italien, Spanien und Nordamerika. Eine andere Variante der Gartenzwerg-Befreiung ist es, diese auf Reisen zu schicken, sie vor Touristenzielen zu fotografieren und ihnen eine fiktive Reisebiografie damit zu unterlegen.

Zwerg hin oder Zwerg her. Er ist und bleibt ein Wichtel. Manchmal grantig und bös, manchmal mit einem guten Willen zum Helfen. Zwerge sind Teil alter Mythen. Genauso wie das auch weibliche Figuren wie Feen und Naturgöttinnen sind. Der Garten ist also nicht auf einen männlichen Zwerg beschränkt. Übrigens, bei mir gibt es keinen Gartenzwerg. Meine kleinen Helferchen sind Nützlinge wie Ohrwürmer, Schmetterlinge und Bienen.

VG-Wort Pixel