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Hans-Martin Tillack Eine Feier für Dirk Niebel

Die FDP feiert Dirk Niebels Geburtstag. Aber wer bezahlt das eigentlich?

Heute Abend ab 18.30 Uhr steigt die Sause im Restaurant Dehlers im Haus der FDP-Zentrale in Berlin. Sogar Kanzlerin Angela Merkel hat ihr Kommen zugesagt. Das Präsidium der FDP und ihre Fraktion im Bundestag laden ein, um nachträglich den 50. Geburtstag von Dirk Niebel zu feiern. Den Bundesminister für Entwicklungshilfe hatten die Parteifreunde zwar erst vor wenigen Wochen im hohen Bogen aus dem Präsidium geworfen – wohl als Strafe für zu viel Stänkerei. Aber nun lassen sie ihn zumindest einen Abend lang hochleben. Vielleicht steigert es ja die Stimmung für den Wahlkampf der Liberalen.

Weil die Fraktion zu den Einladern zählte, hatte ich vor einigen Tagen sowohl bei ihr wie bei der Partei angefragt, wer die Feier eigentlich bezahle. Hätte sich die zu fast 100 Prozent aus Steuermitteln finanzierte Fraktion in größerem Umfang daran beteiligt, wäre das wohl ein ähnlich fragwürdiger Umgang mit dem Geld der Bürger, wie der Werbebrief des FDP-Fraktionschefs Rainer Brüderle, über den wir diese Woche im stern (und heute auf stern.de) berichten.

Die FDP-Fraktion wich der Frage nach den Geldgebern für die Niebel-Party jedenfalls erst aus. Stattdessen schrieb man mir am 5. April in etwas holprigem Deutsch: „Wie bei anderen Institutionen auch ist es bei der FDP-Bundestagsfraktion üblich, dass sie für herausgehobene Mitglieder zu besonderen Geburtstagen sich an der Ausrichtung von Empfängen in angemessenem Rahmen beteiligt.“

Kurz darauf, noch am selben Tag, versicherte mir hingegen der Sprecher der Partei: „Die Kosten für den Geburtstagsempfang für Herrn Niebel in Berlin trägt die Partei.“

Also fragte ich erneut bei der Fraktion an – und erhielt schliesslich einige Tage später dort die Bestätigung, „dass die FDP-Fraktion sich nicht an den Kosten des Geburtstagsempfangs für Herrn Niebel am 17. April beteiligt“.

Also ein Einladender, der sich nicht an den Kosten beteiligt? Misstrauische Menschen kämen jetzt womöglich auf den Verdacht, dass unsere Anfrage die Entscheidung auslöste, die Kosten allein der Partei zu übertragen – um sich peinliche Berichte zu ersparen. Aber natürlich wäre das eine bloße Spekulation und durch nichts belegt.

Ich hatte allerdings auch versucht, von der FDP zu erfahren, wie die Finanzierungsfrage bei anderen – noch aufwändigeren – Geburtstagsempfängen gelöst wurde, die die Liberalen in jüngster Zeit ausgerichtet hatten.

Zum Beispiel bei der Party zum 40. Geburtstag von Parteichef Philip Rösler im Februar, der ja nicht mal Mitglied der FDP-Fraktion ist. Da, so sagt es der FDP-Sprecher, „war die Fraktion nicht Mit-Einladender“. Sie hat also offenbar keine Kosten getragen.

Und bei der großen Sause zum 50. Geburtstag von Außenminister Guido Westerwelle, für die Partei und Fraktion im Januar 2012 in das „Tipi“ am Kanzleramt luden und dort 850 Gäste bewirteten? Hat die Fraktion der Steuersenkungspartei FDP für diese Festivität nicht doch einiges an Steuergeld springen lassen?

Diese Frage habe ich sowohl Fraktion wie Partei der FDP gestellt und keine Antwort bekommen –wie schon andere Kollegen vor mir. Die Freidemokraten werden schon wissen, warum sie sich darum drücken.

Zumal es hier nicht nur um ein paar Geburtstagsempfänge geht, sondern um einen unterschätzten Missstand in der Berliner Politik. Trotz angeblich knapper Staatskassen wachsen die Zuschüsse an die Fraktionen im Bundestag – von CDU/CSU bis Linken – Jahr für Jahr in schöner Stetigkeit. Kein Wunder – die Fraktionen können ja selbst über die Höhe dieser Subventionen entscheiden. Während es eine Deckelung für Staatszuschüsse an die Parteien gibt, folgen die Zahlungen an die Abgeordnetengruppen einem anderen Prinzip: Der Himmel ist die Grenze.

Noch vor zehn Jahren flossen insgesamt 58,4 Millionen Euro an die Fraktionen im Bundestag. Seitdem stiegen die Beträge deutlich an, zuletzt von 80,8 Millionen im vergangenen auf 84,6 Millionen in diesem Jahr. Gemessen an den Zahlen für 1950 haben sich die Fraktions-Zuschüsse sogar auf das 475-fache erhöht. Das Bruttoinlandsprodukt der Bundesrepublik stieg im selben Zeitraum hingegen nur um den Faktor 53. Das heißt: Die Gelder für die Fraktionen sind rund neunmal so schnell gestiegen wie der Wohlstand im Land.

Aus den Fraktionsetats wird so heutzutage vielerlei bezahlt: Reisen der Parlamentarier, diskrete (und rechtlich fragwürdige) Zusatzzahlungen an um die 100 Funktionsträger unter den Abgeordneten und eben auch mal Partys.

Alles Dank der Hilfe der Steuerzahler. Ist das ein Grund zum Feiern? Eher nicht.

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