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Hans-Martin Tillack Kanzlerin in der Enge?

Kürzlich wurde in diesem Blog das Bundespresseamt gelobt. Das war voreilig.

Es war im September, als ich hier freundliche Worte für das Presseamt fand, das von Angela Merkels Regierungssprecher Steffen Seibert geleitet wird. Der Grund: Das Amt hatte mir auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes großzügig Einsicht in Umfragen gewährt, die die Bundesregierung regelmäßig erhebt – etwa über die Beliebtheit von Kanzlerin Merkel und ihrer Minister, aber auch über die Kompetenzwerte der Oppositionsparteien.

Dass das BPA solche Umfragen überhaupt mit Steuermitteln erstellen lässt, erschien mir dabei keineswegs lobenswert, sondern eher fragwürdig. Wird doch hier Steuergeld ausgegeben, um parteipolitische Interessen zu befriedigen. Aber immerhin zeigte das Presseamt im Sommer 2012 ein bisschen Transparenz und rückte die Studien raus.

Doch damit ist es nun wieder vorbei. Inspiriert durch unsere Recherchen hatte auch der Grünen-Politiker Malte Spitz im Oktober Einsicht in Umfragen aus den Jahren 2011 und 2012 erbeten. Ihm wurde das allen Ernstes verwehrt – weswegen Spitz nun vor das Verwaltungsgericht zieht.

Noch im September war es mir unvorstellbar erschienen, dass das Presseamt sich Gründe ausdenken könnte, solche Umfragen unter Verschluss zu halten – und auch das BPA selbst versicherte mir damals schriftlich, die Ergebnisse der steuerfinanzierten Umfragen blieben „nach dem Informationsfreiheitsgesetz für jeden zugänglich“.

Doch in einem Bescheid für den Grünen-Politiker Spitz hat Seiberts Behörde diese Zusage wieder zurückgenommen. Man könne einstweilen und auf absehbare Zeit die demoskopischen Studien aus den Jahren 2011 und 2012 nicht herausgeben, weil diese Zahlen zunächst für das Kanzleramt und dessen „interne Willensbildung“ bestimmt seien, schrieben die Regierungsjuristen noch Mitte April 2013. Würden die Ergebnisse der Bürgerbefragungen jetzt bekannt, könnte eine „öffentliche Diskussion“ entstehen, die „eine einengende Vorwirkung“ auf die Beratungen der Regierung hätte: „Eine unvoreingenommene und unbeeinträchtigte Willensbildung innerhalb der Bundesregierung würde verhindert“.

Wenn zwei Jahre alte Umfragewerte öffentlich bekannt und diskutiert werden, fühlen sich unsere Regierenden eingeschüchtert und in ihrer Debatte eingeengt? Ganz ehrlich: Wären Merkel und ihre Leute wirklich solche Hasenfüße – dann hätten sie im Kanzler- und im Presseamt nichts zu suchen.

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