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Hans-Martin Tillack Kauder macht Druck

Siegfried Kauder meint es ernst. Der CDU-Mann will eine Abstimmung zur Abgeordnetenbestechung durchsetzen.

Lange Jahre galt der CDU-Bundestagsabgeordnete und Rechtspolitiker als das konservative Bollwerk gegen schärfere Strafen für korrupte Parlamentarier. Doch vor zwei Wochen stellte er zusammen mit den Rechtspolitikern von SPD, Grünen und Linken einen gemeinsamen Entwurf vor, der eine beklagenswerte Lücke schließen könnte. Deutschland hat bis heute nicht die UN-Konvention gegen Korruption ratifiziert – weil dafür zunächst Abgeordnetenbestechung in Deutschland wenigstens annähernd so unter Strafe gestellt werden müsste, wie das bei Beamten und anderen Staatsdienern der Fall ist.

Geht nicht, gibt’s nicht – so hatten sich bisher vor allem CDU/CSU und FDP gegen die Forderung gewehrt, anders als heute mehr als den bloße Stimmenkauf unter Strafe zu stellen. Parlamentarier sollten sich auch künftig nicht strafbar machen, sollten sie Geld annehmen, um sich beispielsweise in internen Beratungen von Ausschüssen oder Fraktionen für die Interessen eines finanziellen Gönners einzusetzen. Noch dieser Tage wehrte der FDP-Abgeordnete Patrick Kurth ab: Die Korruptionsanfälligkeit des Bundestages sei gering, deshalb sei es gar nicht nötig, die Bestechung stärker zu bekämpfen.

Doch wenn die Volksvertreter ohnehin immun gegen Bakschisch sind - warum dann diese Furcht vor dem Staatsanwalt? Zumal die fehlende Strafbarkeit – was oft vergessen wird - ja nicht nur Bundestagsabgeordnete betrifft, sondern auch Volksvertreter auf Landes- oder Gemeindeebene.

Trotzdem mauerte bisher nicht nur die FDP. Selbst Kauders eigene CDU/CSU-Fraktion – geführt von seinem Bruder Volker – hält sich weiter bedeckt. Die Fraktionsführung prüfe den Gesetzentwurf, heißt es nur.

Siegfried Kauder will das Thema jedoch nicht auf sich beruhen lassen. Schon im April oder Mai könnte es dazu kommen, dass er zusammen mit Abgeordneten der Opposition einen Gruppenantrag einbringe, sagte mir der Baden-Württemberger gestern bei einem Gespräch in seinem Bundestagsbüro: „Ich werde nicht lange zuwarten.“ Noch vor der Sommerpause will er eine Abstimmung durchsetzen, damit die Gesetzesänderung noch vor den Bundestagswahlen beschlossen werden kann.

„Meine eigene Fraktion hält sich bisher zurück“, räumt er ein und spottet: „Jahrelang haben sie sich hinter mir versteckt.“ Aber der 62-Jährige prophezeit, dass sich einige „die sich jetzt abducken“ bewegen werden, „wenn sich der öffentliche Druck erhöht“.

Dieser Druck beginnt offenbar bereits zu wirken. Gestern versprach sogar der FDP-Fraktionsgeschäftsführer Jörg van Essen im Sender „Phoenix“, man werde Kauders Vorschlag nun „prüfen“. Die Bürger verstünden es nicht, dass der Bundestag diese Strafbarkeitslücke zulasse, räumte der Liberale ein: „Das kriege ich bei der Post an mich mit.“

Siegfried Kauder bestreitet übrigens, dass er nur deshalb so mutig auftritt, weil er von der Parteibasis nicht wieder für den Bundestag aufgestellt wurde. Schon in der Vergangenheit habe er immer wieder auch den Streit mit den eigenen Leuten gesucht, sei es bei der Privatisierung der Flugsicherung oder einem von ihm gewünschten Bleiberecht für Opfer des Menschenhandels.

Dass er nun beim Thema Abgeordnetenbestechung etwas tun müsse, hat Kauder nach eigenen Worten im vergangenen Herbst bei einer Delegationsreise nach Kenia und Tansania gemerkt. Dort würde sehr auf das deutsche Rechtssystem geschaut und auch nach der Korruptionsbekämpfung in der Bundesrepublik gefragt.

Die Antwort auf diese Frage fällt zur Zeit noch unbefriedigend aus: Über 160 Staaten haben die UN-Konvention gegen Korruption ratifiziert. Unter den wenigen Ländern, die zwar unterzeichnet, aber nicht ratifiziert haben, sind Deutschland, Syrien und Saudi-Arabien.

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