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Hans-Martin Tillack Transparence à la française

Der Franzose an sich gilt uns Deutschen gerne als unrettbar durchtrieben und korrupt.

In Wahrheit funktioniert die Politik an der Seine ähnlich wie an der Spree. Korruptionsskandale gab und gibt es in Paris wie in Berlin. Und dort wie hier gibt es manchmal Fortschritte bei der Bekämpfung unlauterer Umtriebe – vor allem dann, wenn ein Skandal so groß ist, dass die Politik nicht anders kann, als Besserung zu versprechen.

Weil die Affäre um die L’Oréal-Eigentümerin Liliane Bettencourt in Frankreich gerade besonders hohe Wellen geschlagen hat, scheinen sich die Franzosen jetzt sogar zu Reformen aufzuraffen, von denen hier keiner zu träumen wagte.

Zur Erinnerung: Bettencourt wurde vorgeworfen, große Teil ihres Vermögens erfolgreich vor den französischen Steuerbehörden verborgen zu haben. Als Finanzminister zuständig war der inzwischen abgelöste Eric Woerth, der zugleich als Schatzmeister von Nicolas Sarkozys Regierungspartei UMP amtierte. Und, so lautete ein Vorwurf, eben dieser UMP oder sogar dem Präsidenten persönlich habe Bettencourt 150 000 Euro gespendet – was Sarkozy bestreitet. (In Frankreich – anders als im vermeintlich tugendhafteren Deutschland – gilt eine Obergrenze für Parteispenden von maximal 7500 Euro pro Jahr. Großspenden wie die des Milliardärs August von Finck an die FDP wären in Frankreich illegal. Aber das nur am Rande.)

Der Bettencourt-Skandal hat nun in Frankreich, wie Le Monde am Samstag berichtete (leider nur in der Papierausgabe, daher kein Link), eine Debatte über die bessere Regelung von Interessenkonflikten ausgelöst. Der Generalsekretär der UMP hat sich auf Druck von Sarkozys Elysée-Palast aus einer großen Anwaltskanzlei zurückgezogen. Und eine Kommission, vom Präsidenten eingerichtet, bereitet weitreichende Reformvorschläge vor.

Minister, deren Stabsmitarbeiter und hohe Beamte sollen demnach künftig beim Eintritt in ihre Funktionen und dann jährlich erneuert eine Interessenerklärung abgeben, die auch veröffentlicht werden soll. Sogar die wirtschaftlichen Interessen – etwa durch Aktienbesitz – von Ehepartnern, Eltern und Kindern will die Kommission künftig publik gemacht sehen.

Frankreich, so Le Monde, sei beim Thema der Interessenkonflikte im Vergleich zu seinen europäischen Nachbarn „sehr im Rückstand“.

Liebe Franzosen, wir sind es noch mehr! Was bei Euch geplant ist, wird hierzulande nicht einmal diskutiert.

Was zum Beispiel Politiker angeht, die zugleich Rechtsanwälte sind: Kürzlich hatte ich eine Frage an den SPD-Bundestagsabgeordneten Peter Danckert, die aber seine Anwaltskanzlei betraf. Also rief ich in der Kanzlei an, wurde dort aber sofort an sein Abgeordnetenbüro verwiesen. In der Kanzlei sei er nie, wurde mir bedeutet. Auf meine schriftliche Frage an den Abgeordneten Danckert, ob es denn zutreffe, dass er Anwaltsgeschäfte über sein vom Steuerzahler finanziertes Bundestagsbüro abwickele – bekam ich nie eine Antwort.

P.S. Bei Transparency International weist man mich gerade darauf hin, dass Frankreich uns in einer weiteren Hinsicht bei der Korruptionsbekämpfung voraus sei: Dort haben Verbände - wie Transparency - ein Klagerecht gegen Korruption. Siehe dieser Fall.

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