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Weiblich! Ledig! Na und? So dumm wurde ich per Whatsapp angeflirtet

Michael und ich kennen uns aus dem Sportverein. Seit ein paar Wochen. Wir plauderten mal beim Training. Dann kam die erste Whatsapp von ihm. Die war dumm. Was folgte war dreist.

Wenn man neue Leute kennen lernen will, soll man in einen Verein eintreten. Feuerwehr, Landfrauen und Schützenverein waren nach meinem Umzug keine Optionen. Also trat ich in einen Sportclub ein. Das Männlein-Weiblein-Verhältnis ist in meinem neuen Verein in Schieflage, wohlwollend ausgedrückt. Neu ankommende Damen werden herzlichst empfangen und aufgenommen – und können ihr Glück nicht fassen. Lauter gut gebaute, wohl trainierte Männer.

Ich fühlte mich schnell wohl und willkommen und hoffte innständig, dass mein Blick nicht allzu starrend ausfiel. Große Gespräche waren bei Puls 180 nicht möglich, ein wenig Smalltalk. Mal mit dem, mal mit jenem. Bei Michael hatte ich schon beim ersten Wortwechsel das Gefühl, dass er sein Balzgehabe an den Tag legte. Ich massregelte mich selbst. Nur weil ich unter-flirtet war (die Szene ereignete sich noch vor Silvester), musste ich nicht jedes Augenzwinkern als Kaffeeeinladung deuten. Ich hätte sie wohl angenommen. Sie blieb aber aus.

Stattdessen bekam ich kürzlich eine Whatsapp. Nach meiner Nummer hatte er nie gefragt. Aber seitdem man sich in Whatsapp-Gruppen organisiert, fällt diese Hürde weg. Der Gesprächseinstieg war schon so merkwürdig, dass eigentlich alle Alarmglocken hätten schrillen müssen:

"Hey, wie geht’s dir?
Warst du am Montag beim Training?
Achso … sollte es dir unangenehm sein, dass ich dich einfach anschreibe, dann sag es einfach."

Hier stutze ich zum ersten Mal. Den letzten Satz hätte er sich schenken können. Wenn ich es blöd finden würde, würde ich es schon sagen oder für immer schweigen. Aber nun gut, etwas ungelenk, kann ja mal vorkommen.

"Moin Michael, ja, ist mir als kontaktscheue Person extrem unangenehm … War nicht beim Training, da ich nen Abendtermin hatte. Du offenbar auch nicht. Dafür gehe ich jetzt. Kommst du auch?"

"Tut mir Leid, dass es dir unangenehm ist.
Wir haben uns ja ganz gut verstanden.
Deshalb dachte ich, ich könnte dich privat anschreiben."

Okay, meine Ironie war nicht rübergekommen. Kann ja mal vorkommen. Ich erkläre es.

"Hahahaha
Naja … Du musst es ja nicht direkt jemanden sagen.
Möchte nicht, dass immer dumm geredet wird
Deal?"

Ich soll nicht erzählen, dass er keinen Spaß versteht? Langweiler …

"Deal! Ich poste es gleich in unsere Whatsapp-Gruppe."

"Hahaha. Arbeitest du noch?
Komme nicht zum Training."

Habe ich nicht gerade geschrieben, dass ich auf dem Weg zum Training bin? In der Aufregung wohl überlesen. Kann ja mal vorkommen …

"Bin schon unterwegs zum Training. Ist immer eine halbe Weltreise."

"Wo wohnst du denn?
Mit dem Auto?"

Ja, deswegen tippe ich auch die ganze Zeit …

"Mit der Bahn. Komme direkt von der Arbeit."

"Ich kann ja mal direkt fragen … Hättest du vielleicht Lust auf nen gemütlichen Abend? Kann natürlich verstehen, wenn so was nichts für dich ist. Dann vergiss bitte einfach, dass ich gefragt habe. Aber ich finde dich schon attraktiv …
Solltest du nicht vergeben sein und mit so was locker umgehen können.
Dann kannst du es dir ja mal überlegen.
Ich bin halt auch nur ein Mann."

Ich starre auf mein Handy wie sonst auf Michaels Bauchmuskeln. Er hätte das auch abkürzen und einfach nur fragen können: Willst du ficken?
Ich bin entrüstet, aber will wissen, ob er es echt so plump und ernst meint.

"Und jetzt soll ich Mitleid mit dem Mann haben? Bin mir noch unschlüssig, ob es nur direkt oder auch dreist ist. Ich kann mit "so was" locker umgehen, aber gemütliche Abends sind nicht meine bevorzugte Freizeitbeschäftigung."

Jetzt mal im Ernst. Wir machen den selben Sport. Eine Steilvorlage für eine Verabredung eben dazu oder hinterher auf ein Getränk. Aber gleich eine Einladung auf die Couch? Bei Michael scheint das Standard zu sein.

"Ist es dreist so was zu fragen?
Ich spiele gern mit offenen Karten … und ich finde dich ja auch sympathisch.
Von daher hätte ich mich gefreut, wenn du ähnlich denkst.
Ich hätte jetzt auch nicht gesagt, dass es auf was Bestimmtes hinauslaufen muss, sondern man kann ja auch was kochen und nen Film schauen.
Naja … war ein Versuch wert.
Solltest du doch mal das Bedürfnis haben, abends nicht allein auf der zu Couch zu liegen, kannst du dich ja melden.
Könnten uns ja auch freundschaftlich treffen."

Ja, wie denn auch sonst? Gleich in Strapsen und übergestülpten Kondom?! Dieser Redeschwall! Merkt der nicht, dass er sich immer tiefer in die Scheiße reinschreibt?! Wenn ich mal nen Abend auf dem Sofa verbringe, dann bestimmt allein. Kochen oder Filmschauen – ja, nee, ist klar. Ganz ohne Hintergedanken. Ob ich ihm da fürs nächste Mal helfen soll?

"Hättest du mir vorgeschlagen, dass du mir deine Lieblingslaufrunde zeigst, wäre es weniger dreist gewesen."

"Die ist tatsächlich direkt vor meiner Tür.
Aber dann hättest du mir mir anschließend duschen müssen."

Äh? Müssen? Hätte ich? Wohl kaum.

Michael: "Keine so schlimme Vorstellung. So … dann viel Spaß beim Training. Und sorry dafür!"

Wofür denn jetzt? Ich habe herzhaft gelacht. Und bin ganz perplex. Ist das jetzt dumm oder dreist? Dass er mich attraktiv und sympathisch (in der Reihenfolge!) findet, könnte mir schmeicheln. Aber nein, das ist zu beliebig. Ich bin irritiert und ein wenig entrüstet, ob der plumpen Anmache. Hat er damit sonst Erfolg?

"Bist du immer so direkt? Ohne das Mädel zu kennen?"

"Ja, ich bin immer direkt.
Und möchte, dass man fair und offen miteinander umgeht.
Dann weiß man sofort, wo man dran ist.
Finde es besser als dieses ganze Gelüge.
Und ja, ich kenne dich nicht.
Aber wir trainieren zusammen
Und ich finde dich attraktiv
Und sympathisch
Und ja … Wenn die Chemie stimmt, dann reicht mir das.

Jeder Halbsatz eine Nachricht. Das "ping, ping, ping" nervt. Ich stelle mein Handy lautlos.

"Für nen netten Kochabend?"

"Hahahaha
Ja, zum Beispiel
Oder zum Filme schauen
Oder laufen gehen und zusammen duschen."

Oh boy. Jetzt reicht's. Dein Repertoire ist erschöpft. Meine Geduld auch. Ich antworte nicht mehr.

Am nächsten Morgen kommen neue Nachrichten:

"Hey Du
Wie war das Training?
In welcher Lebenssituation bist du eigentlich?
Hast du schon Kinder bzw. bist vergeben?"

Das ist jetzt nicht sein Ernst … Ich hoffe inständig, dass es eine Verarschung ist oder eine dämliche Wette, ob er "die Neue" rumkriegt. "Wäre es eine Wette, hätte er sich mehr Mühe gegeben", mutmaßt eine Freundin. Stimmt. Dann ist es also nur dreist und ziemlich amüsant. Hoffentlich denkt er das beim nächsten Training auch noch.

Der Singlefrau kann man hier auf Twitter folgen.

Die Facebook-Seite der Singlefrau findet man hier.

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